Komponistinnen vorgestellt: Ruth Schonthal

Ruth Schonthal

(*17. Juni 1924 in Hamburg; † 11. Juli 2006 in Scardale/USA)

In meiner Reihe Komponistinnen vorgestellt  geht es euch heute um eine faszienierende Komponistin: Ruth Schonthal. Wir spielen ihr Werk „A Bird’s Song about…“ in unserem Programm „La flûte femme“.

 

Leben

Auf Ruth Schönthals (später Schonthal) außergewöhnliches musikalisches Talent wurde man schon sehr früh aufmerksam:

Schon als Fünfjährige spielte sie Klavier und komponierte so vielversprechend, dass sie als jüngste Schülerin am Stern’schen Konservatorium in Berlin aufgenommen wurde. Sie gab bald europaweit Konzerte. Mit 11 Jahren wurde sie jedoch wie alle jüdischen Kommilitonen von den Nationalsozialsten vom Konservatorium verwiesen.

Die Familie ging 1938 nach Schweden ins Exil. In Stockholm studierte sie an der königlichen Musikakademie. Hier kam 1941 ihre Sonatina für Klavier als erstes gedrucktes Werk heraus.

Aber auch hier wurde es zu gefährlich. So emigrierte die Familie 1941 über Russland und Japan nach Mexiko-City. Auch in Mexiko studierte sie weiter und feierte als Pianistin und Komponistin große Erfolge. 1946 lernte sie über ihren Lehrer Paul Hindemith kennen, der sie zum Studium in seiner Kompositions-Klasse nach New York einlud. Ihr Studium in Yale schloss sie 1948 mit Auszeichnung ab.

Sie blieb in der Nähe von New York, heiratete den Maler Paul Seckel, zog 3 Kinder groß und gründete eine eigene Musikschule. Sie erhielt einige Preise für Klavier und Komposition.

1980 unternahm sie erstmals wieder eine Reise nach Deutschland. Ihre Verbindung zu dem Land, in dem sie geboren wurde, war erst zögerlich, intensivierte sich aber im Laufe der Jahre.

Ruth Schonthal starb im Juli 2006 in Scarsdale, USA.

 

Stil

„Komponieren ist eine höchst individuelle Angelegenheit. Man muss dabei auch wissen, wer man selbst ist, auch ethnisch. Es muss Charakter haben und ein Spiegel des eigenen Lebens sein.“

Verschiedene Kulturen haben Schonthals Musik geprägt. In ihrer Musik verschmilzt die europäische Musiktradition mit Elementen der mexikanischen Volksmusik und anderen außereuropäischen Musiktraditionen. Das Exil war eine Quelle ihrer Kunst.

In ihren Werken setzt sie sich neben dem Thema von Krieg und Vertreibung immer wieder mit Themen der großen Weltreligionen auseinander.

Schonthals Werke kommunizieren sehr stark mit dem Publikum. Sie berühren ihre Zuhörer im tiefsten Innern. Ihre Werke bilden die komplexe menschliche Gefühlswelt ab.

Ihr Kompositionsstil hat nichts Abstraktes oder Abgehobenes. Er entwickelte sich hin zu freien Formen, die sich organisch aus dem musikalischen Material und dem Inhalt entwickeln.

Auch die Melodik ist asymmetrisch und in einer ständigen dynamischen Entwicklung: Intervalle und Motive sind der „melodischen Tonalität“ unterworfen, die sie bei Paul Hindemith kennengelernt und weiterentwickelt hat. Dies führt zur Abfolge von mehr oder weniger kurzen, diatonischen Abschnitten. Die Tonalität folgt dem musikalischen Material der Melodik und nicht die Melodik der Tonalität.

Typisch für Schontals Stil sind intervallisch konzipierte Klänge oder erweiterte traditionelle Akkorde und Akkordfolgen. Damit kehrt sie nach ihrer frühen Abkehr von der Tonalität zu einem sehr individuellen Umgang mit Tonalität zurück.

Ihre Werke werden seit 1997 exklusiv vom Furore Verlag, Kassel verlegt.

 

A Bird’s Song about…

Dieses Werk zwingt den Zuhörer schon durch die drei Punkte im Titel zum Nachdenken und sensibilisiert ihn bereits vor dem ersten Klang:

Aus der Vogelperspektive blicken wir auf die Welt. Wir sehen Kontinente und Meere und erleben den Traum vom Fliegen. Aber der Vogel ist auch sehr sensibel für jede Gefahr. Ohne auf eine einzelne, bestimmte Kultur zu deuten, hören wir den Menschen, der schreckliche Kriege führt und Mauern baut.

Das Bild des Vogels muss Ruth Schonthal fasziniert haben, denn sie hat ein weiteres, größeres Werk für Flöte und Klavier geschrieben, in dem ein Vogel die Hauptrolle spielt: „Bird Over Jerusalem“. In einem Interview darüber erzählt Schonthal, wie wichtig ihr Soziales und Politisches ist, und dass sich viele ihrer Kompositionen mit der Einstellung zu Dingen beschäftigen, die uns etwas angehen. Zum Bild des Vogels sagt sie:

„The bird is supposed to be like flying over and not quite understand, why people, who believe in the same God, can be so at odds and at war.“

 

 

 

Zu hören gibt es dieses außergewöhnliche Stück in unserem Konzertprogramm La Flûte Femme und auf unserer CD.

Quellen:

 musikschulwelt „Wissen, wer man selbst ist…“/Autorin Sabine Kemna

Tableau musical „Sehnsucht nach der Heimat/Ruth Schonthal zum 90. Geburtstag“/Autorin Martina Helmig

MUGI – Musik und Gender im internet (hfmt-hamburg.de)

 

Ich bedanke mich beim Furore Verlag Kassel herzlich für die Bereitstellung der Bilder

 

Mehr über Komponistinnen

Du möchtest mehr über Komponistinnen erfahren?

In den nächsten Wochen werde ich im Blog verschiedene Komponistinnen aus unserem neuen Konzertprogramm vorstellen.

Mein Newsletter informiert dich u.a. über die neuen Blog-Beiträge.

Bleib informiert und melde dich für meinen Newsletter an!