Wie viel bin ich wert? Buch-Rezension

Dieses Thema beschäftigt schon Generationen – und ist leider immer noch aktuell. Allerdings heutzutage unter dem schönen Namen „Gender Pay“.

Frau ist inzwischen oft beruflich sehr erfolgreich, bewältigt die Doppelbelastung Beruf-Familie souverän, verdient aber oft final weniger als der gleichausgebildete und mit der gleichen Berufserfahrung ausgestattete Mitbewerber. Man sollte meinen, dass dies ein Anachronismus ist. Leider weit gefehlt!

Auch im Kunstbetrieb ist dies ein großes Thema: Frauen haben meist weniger prominente Ausstellungen als Männer und erzielen weniger Erlöse durch Verkäufe ihrer Werke.

Gender Pay in der Musikbranche

Im Musikbereich gibt dazu inzwischen gut belegte Zahlen: 

Der Anteil von Frauen in deutschen Berufsorchestern steigt zwar kontinuierlich an, ist aber in den führenden Positionen immer noch stark unterrepräsentiert. Hier gilt nach wie vor die Faustregel: Je berühmter das Orchester ist, desto geringer ist der Frauenanteil. Immerhin haben wir bei vielen Orchestern eine Tarifbindung, die keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern kennt.

Ganz anders sieht es aber in der Freien Szene aus. Die Zahlen der gemeldeten Einkommen bei der Künstlersozialkasse sprechen da eine ganz deutliche Sprache: Eine Musikerin verdient in der Regel ein paar Tausender weniger pro Jahr als ihr Kollege. Bei den oft eh prekären Arbeitsbedingungen ist das ein Fiasko, denn Musikerinnen haben damit nicht nur jetzt weniger in der Tasche, sondern werden damit zwangsläufig deutlich mehr unter Altersarmut leiden.

Woher kommt dieses Gefälle?

Frau traut sich weniger?

Zum einen liegt es immer noch an der weniger vorhandenen Sichtbarkeit der oft genauso qualifizierten Musikerinnen oder Künstlerinnen. Ein Problem, das inzwischen immer mehr Aufmerksamkeit bekommt. Künstlerinnen schließen sich immer mehr zu Netzwerken zusammen und versuchen so, gemeinsam mehr Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit herzustellen. Hier hat Corona sich als ein Segen erwiesen, denn viele Kolleginnen und Kollegen – mich eingeschlossen – hat diese Zwangspause die Muße verschafft, sich mit den Werken von Künstlerinnen auseinander zu setzen. So ist z.B. unsere CD „La Flûte Femme“ mit Werken ausschließlich von Komponistinnen entstanden.

Bleibt aber immer noch die Frage nach dem Wieso…

Ich erlebe immer wieder bei Kolleginnen – und auch an mir – dass Frauen sich oft nicht getrauen, angemessene Preise für ihre Leistung zu verlangen. Obwohl sie gut ausgebildet sind, beruflich etabliert sind und, und, und…

Das „Mindset“ stimmt einfach nicht.

Hier setzt das Buch mit dem provokanten Titel „Wieviel bin wert? – Das einzige Buch, das Frauen dazu bringt, über Nacht mehr Geld zu verdienen“ von Pamela Obermaier an. Es ist informativ, liest sich gut und gibt viele Übungen an die Hand – u.a. auch für besseres Auftreten vor Publikum. Ein weiteres Feld, dass uns Musikerinnen unmittelbar betrifft. Pamela Obermaier teilt hier als langjährige Speakerin und Auftritts-Coach aus ihrer Praxis einige grundlegende Tipps, die sich wunderbar auch auf musikalische Auftritte ummünzen lassen.

Das Besondere am Buch

Was macht aber dieses Buch so besonders? 

Hier schreibt eine Autorin, die nicht nur ihre ganze Erfahrung aus vielen weiteren Bestsellern einbringt, sondern eine Frau – man mag es nicht glauben bei so viel Expertise – die am eigenen Leibe erfahren hat, wie sich „Frau“ bis heute unter Wert verkauft. Und eine Frau, die die Mission hat, genau das zu ändern.

Nun ja – ehrlich gesagt wird keine Frau, die das Buch kauft automatisch am nächsten Tag mehr Geld verdienen. Aber sie bekommt das Werkzeug an die Hand, sich quasi über Nacht selbst aus den Fängen der jahrhundertalten Tradition des Nicht-Gesehen-Werdens und der Minder-Bezahlung zu befreien. Denn dieses Buch hat das Potenzial das Mindset jeder Leserin von Grund auf zu verändern.

Es ist natürlich kein Buch speziell für Musikerinnen oder Künstlerinnen. Aber ich kann es auch den Frauen in unseren Berufen wärmstens ans Herz legen. Nicht zu letzt auch aus dem einfachen Grunde, dass sich mit besserer Bezahlung eine größere Zufriedenheit einstellt, Frau sich leichter auch mal etwas für sich selbst gönnen kann, der permanente finanzielle Druck nachlässt und insgesamt das Leben leichter wird. Sprich, Frau tut damit auch ganz viel für ihre Resilienz und für das Herabsenken des eigenen Stresslevels!

Ich wünsche diesem wirklich hochinteressantem, gut lesbarem und vor allem lehrreichen Buch ein großes Publikum!

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